Ist der beschlossene Lockdown in dieser Form und gefühlten „Härte“ eine gute und richtige Entscheidung, oder nicht? Diese Frage stellen sich momentan viele Menschen in unserem Land.
Ich will versuchen zu erklären, warum diese Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt eine sinnvolle und richtige Entscheidung war.
Kurz ein paar Zahlen zur Erläuterung der Pandemiesituation in Rheinland-Pfalz:
Vor 3 Wochen wurden in Rheinland-Pfalz 53 COVID-erkrankte Patienten in Krankenhäusern behandelt, 15 davon auf einer Intensivstation, 11 davon beatmet.
Laut gestrigem Bericht in der Enquete-Kommission des Landtages wurden Ende dieser Woche in Rheinland-Pfalz bereits 297 COVID-erkrankte Patienten in Krankenhäusern behandelt, 57 davon auf einer Intensivstation, 50 davon beatmet, mit stark steigender Tendenz.
So sieht ein beginnender unkontrollierter Anstieg aus.
Man muss weiterhin wissen, dass uns die Erkrankung immer rund 14 Tage voraus ist. Dies liegt daran, dass von der Ansteckung bis zur Entwicklung der Krankheit einige Zeit vergeht (Inkubationszeit meistens ca. 5 Tage, selten bis zu 14 Tagen). Dies ist aber nicht das einzige Problem. Nach Ausbruch der Erkrankung dauert es weitere 7-10 Tage, bis sich entscheidet, ob es bei einem milden Verlauf verbleibt und die Erkrankung abheilt, oder ob die Patienten intensivmedizinisch betreut werden müssen. D.h. an den Krankenhausbetten kommt der Ausbruch erst mit einer erheblichen Zeitverzögerung an.
In einer solchen Situation muss man sich als Regierung fragen: Was unternehme ich zu welchem Zeitpunkt? Wie kann ich Sozialkontakte deutlich reduzieren, um die Pandemie effektiv zu bekämpfen, ohne Gesellschaft und Wirtschaft maximal zu schädigen?
Basierend auf diesen Überlegungen hat sich die Bundesregierung, im Schulterschluss mit allen Landesregierungen, entschieden, den Bereich Freizeit ( Gastronomie, Sport, Kultur, Tourismus) einzuschränken, um die Bereiche Arbeit (Unternehmen, Industrie, Verwaltung, Einzelhandel) und Ausbildung (Kitas, Schulen, Universitäten) unangetastet lassen zu können.
Nur mit dieser kompletten Schließung des Bereichs „Freizeit“ erreichen wir eine nennenswerte Reduzierung der sozialen Kontakte. Eine Reduzierung, die eine realistische Chance bietet, den rasanten Anstieg der Infektionszahlen einzudämmen.
Ich bin mir bewusst, dass diese Entscheidung Einrichtungen trifft z.B. Gastronomien und Fitnessstudios, die keine Fehler gemacht haben und die keine Infektionsketten ausgelöst haben, die mit guten Hygienekonzepten überzeugt haben und sich jetzt zu Unrecht bestraft fühlen. Ihnen gilt zuallererst unser Dank. Dank für die bisher geleistete vorbildliche Arbeit in der Pandemiebekämpfung, verbunden mit der Bitte, diese Hygienekonzepte ab Dezember wieder genauso umzusetzen. Die Pandemie wird dann nicht vorbei sein.
Diese Einrichtungen tragen für uns alle die Hauptlast der Pandemiebekämpfung. Ich halte es daher auch für absolut richtig, dass diese Einrichtungen und Betriebe großzügig entschädigt werden. Eine Erstattung in Höhe von 75% des Umsatzes(!) aus dem November letzten Jahres ist eine Regelung, die den betroffenen Betrieben ermöglicht, den erneuten Lockdown zu überstehen.
Insgesamt muss man sagen, dass die Maßnahmen - so hart sie auch auf den ein oder anderen Bürger wirken mögen - im Vergleich mit unseren Nachbarstaaten noch als zurückhaltend zu bezeichnen sind. Sie sind ausgewogen und verhältnismäßig. Sie folgen der Devise: Soviel Einschränkung wie nötig – soviel Freiheit wie möglich.